Oster-Credo:
Ich glaube an die heilige Aufregung der Frauen, die beim Aufgehen der Ostersonne den weggewälzten Stein sahen.
Ich teile ihre Hoffnung auf eine gelingende Gemeinschaft der Heiligen, einer Gemeinschaft befreiter Schwestern, erlöster Brüder, wo keiner wie ein Stein das Leben des anderen verschließt.
Ich glaube an die wahre Unsterblichkeit Jesu, in dessen Begegnungen die tiefe Kraft des Lebens den Menschen ganz nahe kam, der unabhängig von der Macht und der Meinung anderer alles Lebensverneinende anging, sich einmischte und aufrieb, bis ihm selbst das Recht zu leben genommen wurde und er gemordet wurde im Hass.
So reiht er sich ein in jene scheinbar endlose Kette Missachteter und Ermordeter, deren Leid sich nicht in Worte fassen lässt. Und dennoch können wir nicht schweigen, denn sonst würden wir irr.
Ich glaube an das zerbrechliche Geheimnis des Lebens, das wir Gott nennen, verborgen wie ein Korn in der Erde, das uns in allem fragend begegnet und unsere Liebe, unser Angewiesensein und unsere Verantwortung wachruft.
Amen.
[Verf. unbekannt, aus der ehemaligen DDR, veröffentlicht in: "Nicht mit halbem Herzen. Gebete aus der Ökumene II", EMW Hamburg, Hg. von Gisela Opitz, 1990.]